Wahnsinn, aber mit System - Wie ein interaktives Hörspiel entsteht (Teil 3)
100 .doc Files, aber keinen Plan
Die Texte – teilweise auch in mehrfacher Revisionsfassung – kamen nach und nach an. Und eines wurde immer klarer: Es brauchte Übersicht. Dringend. Am Ende gab es eine Masse von gut 100 einzelnen .doc Dateien unterschiedlichster Länge. Sie alle waren in der nicht gerade platzsparenden, typischen Drehbuchschreibweise verfasst. Das heißt, die Schrift war mittig mit breiten Rändern, Regieanweisungen waren fett, die jeweilige Rolle stand immer in Großbuchstaben über dem eigentlichen Text.
Die einzelnen Dateien folgten einer Nomenklatur, anhand derer man den Weg nachvollziehen konnte. Die erste Datei hieß 0-1, die drei davon ausgehenden Alternativen 1a2, 1b2 und 1c2. Soweit, so übersichtlich. Im späteren Verlauf hießen die Dateien dann etwa „1c2a3c4a5a6b7b8c9“ und naja, so auf Anhieb konnte zumindest ich das nicht mehr nachvollziehen. Also habe ich mich erst einmal daran gemacht, mir in Powerpoint ein Flussdiagramm mit den möglichen Verläufen zu erstellen. Dabei habe ich zum ersten Mal geprüft, ob all die Anschlüsse denn stimmen. Allein dieser Schritt hat eine Woche gedauert. Auch kam es vor, dass zwei parallel verlaufende Abschnitte exakt gleich waren. Die galt es zu identifizieren, damit man – um den Produktionsaufwand zu verringern – diese nur einmal Aufnahm und produzierte. Und dennoch blieb eine beachtliche Textflut zu handhaben.
Um die zu organisieren, habe ich zu Excel gegriffen. Der gesamte Text musste von Word nach Excel kopiert werden. Aufgrund des Formats, in dem das Drehbuch verfasst war, war dies nur händisch möglich. Und hat insgesamt ca. 15 Monate in Anspruch genommen. Dafür bekam alles eine grobe, sekundengenaue Abschätzung, wie viel Zeit es im Hörspiel beanspruchen würde. Sprich: Jeder Text und jede Regieanweisung bekam einen eigenen Zeitstempel. Die daraus entstehende Timeline (mit eingerechneten Zeitpuffern, um Überlappungen zu vermeiden - die zweitbeste Entscheidung des Projektes) umfasste ungefähr 64 Stunden. Und genau so ist das Projekt in meinem Audioprogramm (Steinberg Nuendo) abgebildet.